Seit 1992 besteht das Tanzensemble Christophorus Tanzprojekt Rund 120 mal wurden die 8 Produktionen in Kirchen, auf Theaterbühnen und Festivals aufgeführt. Ohne sich auf einen Tanzstil festzulegen, setze ich, Birgit Nitsch, hierbei biblische und religiöse Themen in Bewegung um.
Leben in Zeit und Raum
In der Entstehung zu Leben in Zeit und Raum war eine klare Zuordnung einzelner Lebensabschnitte, wie Jugend, Erwachsen sein, Beruf, Menopause den Tänzerinnen zugedacht. Mit der Entstehung der Choreografie ließ sich dies durch die Auseinandersetzung mit der eigens hierfür komponierten Musik von Lukas Nitsch und der aktiven Arbeit mit den Tänzerinnen nicht mehr halten. Aus den definierten Lebensabschnitten wurden unbestimmte, teils fremdbestimmte Brüche und Schnitte. Daraus ergab sich eine ganz andere Arbeit über Gefühle und verletzte Menschlichkeit. Schmerz, Trauer, Stolz, Glück, Ehrgeiz, Wandlung, Verabschiedung, Motivation und Perspektiven sind Themen in den biografischen und autobiografischen Darstellungen. Zu Beginn wird ein roter Tisch zum Sinnbild von verhaftet und gefesselt sein. Ein Loslassen ist kaum mehr machbar. Zudem stehen Engagement und Verwurzelung dem Loslassen entgegen, einhergehend mit dem Gefühl, dass es nie genug ist, was wir machen. In der Ambivalenz sich trotzdem von Dingen lösen zu müssen, wird der Tisch bewegt. Perspektivisch wird der Tisch bewegt. Trotzdem bleibt der Tisch in Gestalt und Funktion ein Tisch, wie auch wir wir bleiben. Das choreografische Spiel am Ende mit einem weiteren dann weißen Tisch deutet zum Schluss auf eine andere Wahrheit, eine höhere Gerechtigkeit hin und stellt unser menschliches Handeln in einen anderen Kontext.
Vater Unser
Wenn aus einer meditativen Erfahrung mit Gott, Ritual und reine Tradition wird, höhlen wir Inhalte aus und entleeren die Sinnhaftigkeit im Gebet. Das Gebet entflieht uns. Wir müssen uns mühen wieder zu uns zu finden, sei es im Tanzen, sei es im Singen und letztendlich sei es im Gebet. Dieses Mühen heißt sich Zeit zu nehmen für eine neuerliche Auseinandersetzung mit unserem ehrlichen Verhältnis zu Gott. In diesem Dialog mit uns, unseren Mitmenschen und Gott finden wir wieder dann zu einer Wahrhaftigkeit, die dieser Entleerung entgegentritt. Wenn es so einfach wäre! Denn trotz allen Glaubens und innerer Überzeugung werden wir unerträglichen Stillstand erleben, aber wir werden auch sehen, dass die Welt sich für uns und insgesamt auch wieder bewegen wird hin zu in einer Welt mit Jesus Christus und Gott unserem Vater im Himmelreich.
Schöpfung - Bild einer Projektion
Illusion, Projektion und Vision sind Begrifflichkeiten, die die Schöpfungsberichte der Genesis in andere Zusammenhänge setzen. Schöpfung Gottes als reinen Schaffungsakt der Welt zu sehen, reduziert diese auf eine Vergangenheit. Denn Gott und die Menschen entwickelten sich eben durch Illusionen, Projektionen und Visionen über eine alttestamentarische Sichtweise der Welt hinaus und gestalten dynamisch weiter. Das Projekt zeigt ausschnitthaft und subjektiv Bilder unsere „heilen Welt“ und beschäftigt sich mit dem zunehmenden Versuch der Menschen Schöpfung in die eigene Hand zu nehmen und eigene Sichtweisen der Gestaltung unserer Welt auf zu oktroyieren. Der ästhetisch künstlerische Prozess tritt der Willkür eines menschlichen Gestaltens entgegen, welches rein sich selbst verpflichtet sieht. Einer Schöpfung im Gesamten gerecht zu werden, schafft eine immer wieder neue Realität, die dabei ins unendliche des Himmelreichs führt.
Zu 20 Bildern von Ralf Bräuer schafft hierbei Birgit Nitsch mehrere Choreografien. Mit der Musik von Lukas Nitsch tanzt das Christophorus Tanzprojekt eindrücklich und gibt eine weitere künstlerische Sichtweise auf Zerstörungswut, Schaffenskraft und Schöpfung.